Verknackster Knöchel – Bänderriss operieren oder nicht?

Was kann hinter einem dicken, blauen Knöchel stecken?

Bänderrisse, Knochenbrüche und schmerzhafte, aber harmlose Zerrungen der Bänder sind häufig. In seltenen Fällen wird bei Umknickverletzungen der Gelenkknorpel verletzt, wir Mediziner nennen das eine flake fracture des Knorpels.

Warum ist das so schwierig fest zu stellen?

Die Diagnose eines Knochenbruchs ist einfach. Zum Beispiel Außenknöchelbrüche sind häufig und die erkennt man im Röntgen. Anders ist es bei den Weichteilverletzungen. Eine Schwellung und ein dicker dunkler Bluterguss sind kein eindeutiges Kriterium für einen Bänderriss. Um eine Zerrung von einem Riss des Bandes zu unterscheiden, muss ich den Knöchel untersuchen und sogenannte klinische Stresstests durchführen. Diese Tests tun einem frisch verletzten Patienten schlicht oft sehr weh. Wenn der Patient dann – um Schmerzen zu vermeiden – automatisch gegenspannt, ist das Ergebnis dieser Untersuchung ohnehin nicht aussagekräftig und nicht sicher verwertbar.
Ultraschalluntersuchungen gewinnen mit modernen Geräten und kleineren Schallköpfen an Bedeutung. Die besten Ergebnisse liefern aber auch hier Untersuchungen, die man unter Stress durchführt. Das geht bei frisch verletzten Patienten nicht immer.

Was genau machen Sie beim Schubladentest und was sagt Ihnen diese Untersuchung?

Beim Schubladentest fixiere ich den Unterschenkel und ziehe den Fuß mit der Hand unter der Ferse nach vorne aus der Knöchelgabel. Sind die Bänder fest, lässt sich der Fuß nicht nach vorne ziehen. Sind die Bänder gerissen, bewegt sich der Fuß viel zu weit nach vorne.
Dieser Test kann durch einen Zweiten ergänzt werden. Dabei drücke ich den Fuß nach innen. Ich überdehne quasi die Bänder. Ein gewisses Spiel ist hier normal und muss sein. Lässt sich der Fuß darüber hinaus umknicken, sagt mir das, dass die Bänder nicht stabil sind.

Wie sieht die Standardtherapie bei Außenbandrissen des Sprunggelenks aus?

Außenbandrisse sind die Domäne der konservativen Therapie. Der Goldstandard ist die frühfunktionelle Behandlung in einer Schiene. Frühfunktionell genannt, da die Schiene eine volle Belastung erlaubt und ein Abrollen des Fußes möglich ist. Der Fuß kann also “hoch – runter” bewegt werden. Der Fuß kann in der Schiene allerdings nicht nach innen wegknicken. Dadurch ist das gerissene Band vor Belastung geschützt und kann zusammen wachsen. Das dauert 6 Wochen, daher muss die Orthese 6 Wochen ständig getragen werden – Tag und Nacht.

Warum muss ein Bänderriss am Sprunggelenk nicht operiert werden?

Die Ergebnisse der Behandlung in der Schiene sind gleich gut.

Warum ist die Orthese so wichtig?

Die Orthese hält das Sprunggelenk so stabil, dass die Bandenden nicht wieder auseinander gerissen werden.

Das Band kann fest zusammen wachsen.

Ohne Orthese wächst das Band bei vielen Patienten nicht fest, sondern zu locker zusammen. Das Gelenk wird instabil. Das kann sofort nach der Verletzung oder noch Jahre später erhebliche Beeinträchtigungen und Schäden verursachen.

Wie ist nach so einem Außenbandriss die Prognose?

Gut bei richtiger Behandlung.

Menschen, die sich sportlich normal belasten, kommen in der Regel sehr gut zurecht. Bei den Hochleistungssportlern mit extremen Belastungen sind die Resultate etwas schlechter.

Heilt das Band stabil aus, scheint nach aktueller Studienlage kein wesentlich erhöhtes Risiko für spätere Knorpelschäden zu bestehen. Die Literatur gibt Spätfolgen zwischen 6 und 30% an.
Ich sehe wenige schlechte Ergebnisse, vorausgesetzt, das Gelenk wird stabil.